Von einigen wurde ich gefragt warum meine Mutter sich eine anonyme Bestattung gewünscht hat. Nun, zu allererst hat sie ihr ganzes Leben selbstbestimmt gelebt und das war auch ihr Wunsch über den Tod hinaus: Von niemand abhängig zu sein! Ich kann mich aber auch noch sehr gut daran erinnern als wir im Auto unterwegs waren und bei mir die "Namenlos" CD von L`ame Immortelle lief. Ganz am Ende der CD gibt es ein Essay von Thomas Sabottka das heißt "Erinnerung" Zumindest der erste Teil davon hat sie ganz begeistert, und ich weiß noch wie sie sagte:"Siehst du, darum will ich eine anonyme Bestattung. Denken kann man immer und überall an einen, da braucht man keinen Friedhof dazu" An diesees Gespräch mußte ich oft denken; und jetzt wo es soweit ist, ist es für mich als sei es gestern gewesen! Hier also der Text:
Was brauchen wir zur Erinnerung?
Einen marmornen Engel?
Eine Steinplatte auf der die Taten verzeichnet sind?
Eine pharaonengleiche Pyramide?
Ein schlichtes Blumengebinde?
Ein splitter im Herzen?
Ein Gedicht?
Wir beerdigen unsere Vergangenheit mit Pomp.
In großen Mausoleen mit pathetischen Zeromonien.
Lobpreisende Grabreden, tränendurchweichte Seidentücher.
Blumenmeere und ein Leichenschmauß.
Nach gar nicht allzulanger Zeit ist uns die Grabpflege zu mühsam.
Der Gang zum Friedhof zu anstrengend.
Haben wir nicht die nötige Ruhe, um das Unkraut zu zupfen?
Und gegen eine recht ordentliche Summe lassen wir die Gräber unserer Verstorbenen vom Friedhofswärter pflegen.
Er wird das Laub entfernen und die kleinen Lichter täglich neu entzünden.
Unser Gewissen ist beruhigt und wir können uns zurücklehnen.
Ist es besser wenn wir die körperliche Hülle auf einer Wiese verscharren?
Ohne Pomp und Getöse?
Da die Erinnerung in unsrem Herzen ist.
Wir brauchen nicht den täglichen Gang zum gepflegten Grab.
Wir haben die Liebe in uns, die uns mit den verstorbenen, auch über dessen Ableben hinaus verbindet.
Das ist gut.
Aber was ist mit denen die keiner kennt?
Wer erinnert sich an die?
Jener dort, ging er freiwillig auf die andere Seite?
War er müde?
Konnte er die Realität nicht mehr ertragen?
Vielleicht folgte er seiner Liebsten?
Und da, ein Kind, niemand kennt es, weiß seinen Namen.
Es war offentsichtlich nicht gewollt, es wird nicht vermisst.
Es ging nicht freiwillig ins Wasser.
Dazu war es noch viel zu klein.
Auch der da, man schnitt ihm die Kehle durch bevor man ihn in dem Fluss warf.
Aber wo?
Manch einer von denen kam von weit her.
Man weiß nicht wie lange er im Wasser lag.
Die Strömung ist stark und möglicherweise trieb er kilometerweit, ohne das man ihn bemerkte.
Warum vermisst sie niemand?
Siehe Wanderer, die Sonne fällt sanft druch die dichten Laubblätter der alten Bäume.
Die Donau rauscht im Hintergrund.
Der Blick auf Ihre dunlen Wasser ist durch eine Staumauer und Büsche verborgen.
Sie hat sie einst alle angespült.
Die Verlorenen, die Vergessenen, die Ignorierten, die Verzweifelten, die Unbekannten.
Nimm dir einen moment Zeit.
Setz dich zu mir auf die knarrende Holzbank die ein paar gute Menschen einst hier hinstellten.
Als sie all denen einen Platz für die letzte Ruhe gaben.
Lass uns erinnern.
Lass uns gemeinsam gedenken Derer die hier vergraben sind.
Siehe all die schlichten Kreuze.
Die einfachen Grabsteine.
Fällt dir etwas auf?
Auf den meisten steht nur ein Wort:
Namenlos.
Heute, zu deinem 2. Todestag ein Text von den "Toten Hosen" Nur zu Besuch.. Der Text beschreibt meine Gedanken und Gefühle sehr gut. Und das an einem Tag der dir bestimmt gefallen hätte: Die Sonne scheint auf das bunte Herbstlaub, und es ist einer dieser letzten schönen Tage um nochmal vorm Haus zu sitzen und die Sonne zu spüren bevor der Winter und das Schmuddelwetter kommt; ein Tag wie du ihn gerne gehabt hast :-)
"Die Erinnerung ist ein Fenster durch das ich Dich sehen kann, wann immer ich will"
Volker, 09.11.2013
Immer wenn ich dich besuch, fühl ich mich grenzenlos.
Alles andere ist von hier aus so weit weg.
Ich mag die Ruhe hier zwischen all den Bäumen,
als ob es den Frieden auf Erden wirklich gibt.
Es ist ein schöner Weg, der unauffällig zu dir führt.
Ja, ich habe ihn gern, weil er so hell und freundlich wirkt.
Ich habe Blumen mit, weiß nicht, ob du sie magst.
Damals hättest du dich wahrscheinlich sehr gefreut.
Wenn sie dir nicht gefallen, stör dich nicht weiter dran.
Sie werden ganz bestimmt bald wieder weggeräumt.
Wie es mir geht, die Frage stellst du jedes Mal.
Ich bin okay, will nicht, dass du dir Sorgen machst.
Und so red ich mit dir wie immer,
so als ob es wie früher wär,
so als hätten wir jede Menge Zeit.
Ich spür dich ganz nah hier bei mir,
kann deine Stimme im Wind hören
und wenn es regnet, weiß ich, dass du manchmal weinst,
bis die Sonne scheint; bis sie wieder scheint.
Ich soll dich grüßen von den andern:
sie denken alle noch ganz oft an dich.
Und dein Garten, es geht ihm wirklich gut,
obwohl man merkt, dass du ihm doch sehr fehlst.
Und es kommt immer noch Post, ganz fett adressiert an dich,
obwohl doch jeder weiß, dass du weggezogen bist.
Und so red ich mit dir wie immer
und ich verspreche dir,
wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit.
Dann werden wir uns wiedersehen,
du kannst dich ja kümmern, wenn du willst,
dass die Sonne an diesem Tag auch auf mein Grab scheint -
dass die Sonne scheint, dass sie wieder scheint.
Nur wenige Menschen sind wirklich lebendig und die, die es sind sterben
nie. Es zählt nicht, dass sie nicht mehr da sind.Niemand den man
wirklich liebt, ist jemals tot.
Created by Volker Frey